„Wir schaffen die Basis für eine niedrigschwellige Datenbeschaffung und Datenanalyse“

Interview mit Dirk Andres und Katharina Disch, Stadt Kaiserslautern, zum integrierten Informationssystem KLAR
Menschen in Großstadt
Dirk Andres ist Leiter der Stabsstelle Zentralcontrolling in Kaiserslautern. Im Interview schildert er, wie die Stadt mit dem integrierten Informationssystem KLAR (KaiserLautern – Analyse – Recherche) gestartet ist, welche Herausforderung es gab und worin er den Mehrwert des Tools sieht. Seine Kollegin Katharina Disch vom Bildungs- und Integrationsmonitoring bringt ihre Perspektive als Nutzerin von KLAR ein.
 
Warum wurde KLAR auf den Weg gebracht?
 
Dirk Andres: 2014 hat der Bürgermeister die Stabsstelle Zentralcontrolling ins Leben gerufen mit dem Ziel, die elementaren Handlungsfelder einer Kommunalverwaltung, wie beispielsweise Einwohnerinnen und Einwohner, Finanzen und Bildung, zentral zu bearbeiten und zu steuern.
 
Wie jede Kommune, müssen auch wir zum Beispiel die Haushaltsplanung regelmäßig neu aufstellen, berechnen und den politischen Gremien präsentieren. Das haben wir immer in Form einer PDF- Datei dargestellt, die sehr umfangreich und schwer lesbar war. Deswegen wollten wir zukünftig die Informationen kurz und verständlich halten und in den Gesamtkontext einbinden. Die Entscheiderebene sollte auf eine komprimierte und nachvollziehbare Art und Weise über die Haushaltsplanung informiert werden. Damit war das erste Modul unter dem Namen FAZIT (Finanzen, Analyse, Zusammenfassung, Information und Transparenz) geboren.
 
2015 übernahm ich zusätzlich die stellvertretende Leitung der Stabsstelle Asyl. Zu der Zeit kamen sehr viele Menschen mit Fluchterfahrungen nach Kaiserlautern, wodurch wir vor ganz neue Herausforderungen gestellt wurden. Wir haben uns gefragt: Wie kann man dem stetig ansteigenden Zustrom an Menschen hinsichtlich Versorgung und Unterbringung gerecht werden und dies gleichzeitig analytisch und fachtechnisch betrachten bzw. in Zahlenform abbilden? Wir haben den ASYLCUBE entwickelt, der ganz simpel u.a. folgende Fragestellungen beantworten konnte: Wie viele Leute kommen wann nach Kaiserslautern? Wie ist die Unterkunftssituation? Reichen die Plätze?
 
Somit hatten wir einen zweiten Informationsbereich. Weitere kamen hinzu und wir standen nach und nach vor dem Problem, dass unsere Informationen an unterschiedlichen Orten und in verschiedenen Formaten vorlagen. Also haben wir nach einer Software gesucht, in die wir alle Daten einspeisen und mit wenigen Klicks von einem Ort Informationen über Finanzen, Asyl, Einwohner abrufen können. In dieser Zeit sind wir auf eine Software aufmerksam geworden, mit der die Kolleginnen und Kollegen in Trier im Bildungsbereich arbeiten. Das Tool und die Systemvoraussetzungen passten für uns und wir haben erkannt: So wie man die Bildungsdaten darstellen kann, kann man auch weitere Informationen darstellen, etwa aus dem Finanz- oder Asylbereich. Damit war klar, dass wir über dieses Tool sämtliche Informationen bündeln können, und eine Basis für eine niedrigschwellige Datenbeschaffung und -analyse errichten. So entstand KLAR. 
 
Auf welche Herausforderungen wollte Kaiserslautern mit KLAR reagieren?
 
Dirk Andres: Wir benötigen aktuelle Daten, um auf aktuelle Herausforderungen reagieren zu können. Wir müssen schließlich Auskunft darüber geben können, wie die Bildungslandschaft gegenwärtig aufgestellt ist und mit welchen Entwicklungen zu rechnen ist. Und natürlich brauchen wir auch Daten aus den vergangenen Jahren, besonders für die Darstellung von Entwicklungen im Zeitverlauf. Mit KLAR haben wir ein integriertes Informations- und Steuerungssystem geschaffen, das für alle Führungskräfte zur Verfügung steht und ihnen genau die Daten, Zusammenhänge und Entwicklungen anzeigt, die sie zur Entscheidung benötigen. 
 
Wer hat Zugang zu KLAR und wie werden die Daten zu steuerungsrelevantem Wissen?
 
Dirk Andres: Grundsätzlich alle, aber vorwiegend Führungskräfte und die politische Ebene. Es gab einen großen Hype, als wir mit KLAR beim E-Government-Wettbewerb 2018 in der Kategorie „Bestes Modernisierungsprojekt“ in der öffentlichen Verwaltung den ersten Platz belegten. Aber leider werden die digitalen Möglichkeiten innerhalb der Verwaltung nicht ausgeschöpft. Entschieden wird immer noch nach Bauchgefühl anstatt nach Datenbefunden. Es bedarf noch viel Überzeugungskraft, damit sich KLAR als Informations- und Steuerungssystem innerhalb der Verwaltung etabliert. 
 
Welchen Mehrwert, aber auch welche Herausforderungen beinhaltet ein ganzheitliches Informations- und Steuerungsinstrument?
 
Dirk Andres: Ein enormer Mehrwert ist, dass die Daten aus KLAR über alle mobilen Endgeräte immer und überall abrufbar sind, ob zuhause, bei einer Sitzung, im Zug und im Büro. So müssen die Führungskräfte die Informationen nicht mehr stapelweise mitschleppen und können auf die aktualisierten Daten zugreifen, ob zu Eingliederungshilfe, der Straßenbeleuchtung, zum Asylbereich oder zu den finanziellen Investitionen. Dadurch ergibt sich eine enorme – auch inhaltliche – Flexibilität. Das verkürzt auch schon mal die ein oder andere Ausschusssitzung. Zudem können wir auf die aktuelle Krise reagieren. Zum Beispiel haben wir in KLAR einen Corona-Warnmelder in Form eines Drehzahlmessers installiert. Da sind tagesaktuelle Daten enthalten und wir können die Situation einschätzen. Die stetige Herausforderung ist, Qualität und Aktualität zu gewährleisten. Wir möchten wissen, wie unsere Stadt tickt.
 
Welche Koordinierungs- und Abstimmungsaufgaben sind damit verbunden?
 
Dirk Andres: Wir hatten von der Verwaltungsspitze ein klares Go für KLAR. Jetzt gehen wir auf die Mitarbeitenden zu, führen Gespräche mit ihnen, von der Referatsebene bis hin zur Sachbearbeiterebene. Bisher haben wir in jedem Bereich festgestellt, dass wir durch technisches Know-how die Arbeit erleichtern können. Wir versuchen in dem Ablauf und der Organisation des Einzelnen Wege zu finden, wie Daten leichter eingepflegt werden können, um beispielsweise die manuelle Erfassung zu reduzieren. Das ist zeitintensiv, aber qualitativ sehr hochwertig. Während also der Auftrag für KLAR durch Top-down erfolgte, bauen wir die Inhalte über Bottom-up auf. Wir fragen also die unterste Ebene, was die darüberstehende Führungskraft für Informationen benötigt, um sich über diesen Bereich ein Bild machen zu können. So werden die zu sammelnden Daten nicht vordergründig die Daten des Zentralcontrollings sein, sondern immer als die „eigenen“ Daten angesehen. Die Angst vor Zahlen und Daten wird so gemindert.
 
Frau Disch, wie nutzen die Verantwortlichen des Bildungsmanagements KLAR für ihre Aufgaben, um integriert zu planen? Können Sie das anhand eines Beispiels verdeutlichen?
 
Katharina Disch: Aktuell bin ich eher Nutzerin. Ich bin für das Integrations- und das Bildungsmonitoring zuständig und für beide Bereiche ist das Werkzeug KLAR immanent wichtig. So habe ich einen Integrationsbericht geschrieben, der mit den Bevölkerungsdaten erstellt wurde. Da konnte ich die dort hinterlegten aktuellen Daten und Zahlen nutzen, was für den Bericht sehr wertvoll war. Viele Kolleginnen und Kollegen und ich nutzen das Werkzeug KLAR für unsere Planung, aber diese Vision, die man vielleicht dahinter haben sollte, auch mit dem Verständnis der kommunalen Aufgabe im Bereich Bildung, die ist noch nicht so ganz geboren. Ich sehe KLAR als ein gutes Werkzeug, um Daten zu sammeln, auszuwerten, darzustellen und diese entsprechend in Verbindung zu setzen.
 
Wo wollen Sie in fünf Jahren mit KLAR stehen?
 
Katharina Disch: Alle Bildungsdaten aus dem formellen und informellen Bereich werden von allen Akteurinnen und Akteuren aus dem Bildungssektor in KLAR eingepflegt und auch abgerufen. Die Zuständigkeiten, wer dafür verantwortlich ist, wer koordiniert, wer speist ein, sind verbindlich abgestimmt. Und zwar nicht nur für den kleinen Baustein, für den man selbst zuständig ist, sondern dass man das Große und Ganze sieht, was ein DKBM, aber auch eine integrierte Planung ausmacht.
 
Dirk Andres: Ich glaube, dass es KLAR in fünf Jahren in dieser Form nicht mehr geben wird – das wächst. OpenData und Urban Data Management werden dadurch angeschoben. Bis dahin muss eine andere Plattform gefunden werden. Ich denke für die Zukunft an cloudbasierte Lösungen, an Vernetzung innerhalb der Verwaltung und mit anderen Verwaltungen. Vielleicht auch die Abkehr davon, dass jeder seine eigene Softwarelösung hat. Es wäre schön, wenn es zum Beispiel ein Finanzverfahren gäbe mit einer Finanzsoftware. Dann kann man auch besser vergleichen, aber bis jetzt macht jeder seins. Dinge, die bundes- oder landesweit gleich sind, sollten auch gleich gehandhabt werden. Da hilft uns auch eine Schnittstellentechnik nur bedingt, da sie nur einen Teil abbildet. Einheitliche Tools, schnelle und sichere Informationen, Transparenz und Bürgerbeteiligung sowie der Dialog mit der Zivilgesellschaft, das sollten unsere Blickrichtungen sein. 
 
 

KLAR auf einen Blick

KLAR ist ein integriertes Informationssystem. Die Stadt Kaiserslautern hat es entwickelt, um steuerungsrelevante Daten niedrigschwellig aufzubereiten und auszuwerten und Informationen kompakt zu bündeln. KLAR basiert auf dem IT-Instrumentarium des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das eigens für das Monitoring im Bildungsbereich entwickelt wurde. 

Mit KLAR: 

  • können Entscheidungen innerhalb der Verwaltung auf Basis einer gesicherten Datengrundlage getroffen werden.
  • können Problemlagen und deren Größenordnung leichter erkannt werden.
  • können Daten, wie beispielsweise aus den Bereichen Bevölkerung, Bildung, Gesundheit und Soziales, systematisch zusammengeführt und ämterübergreifend zur Verfügung gestellt werden. 
  • ist ein einfaches Bedienungskonzept und eine benutzerorientierte Zugriffsstruktur gegeben. Die Bedienung ist über einen Browser, der mobile Einsatz per Smartphone oder Tablet möglich. So können Informationen bedarfsgerecht und ortsunabhängig abgerufen werden. 

Mehr zum IT-Instrumetarium des BMBF erhalten Sie unter: www.transferinitiative.de/it-instrumentarium.php

Das Interview ist in unserem Themendossier "Integrierte Planung kommunaler Bildungslandschaften #datenbasiert #sozialräumlich #partizipativ" veröffentlicht worden.

Das Themendossier können Sie kostenfrei als Printexemplar hier bestellen.

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