
Podiumsdiskussion mit Dr. Stefan Buchholt, Stellvertretender Leiter der Landeskoordinierungsstelle der Kommunalen Integrationszentren NRW; Dr. Manfred Beck, Stadtdirektor Gelsenkirchen, und Dr. Norbert Reichel, Gruppenleiter Nachhaltige Bildungspolitik, Prävention und Integration, Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW
Stadtdirektor Dr. Beck formulierte seine Vision: Die Neuzugewanderten sollten als Bürgerinnen und Bürger Gelsenkirchens mitwirken, die Stadt zukunftsfähig zu machen. Dafür seien unter anderem viele Dolmetschende nötig. Neu Zugewanderte müssten in erster Linie über das Bildungssystem in die Gesellschaft integriert werden. Dafür dringend notwendig: ein schneller Spracherwerb. Strukturen und Instrumente, die für die Zugewanderten aus Südosteuropa entwickelt wurden, eignen sich gut als Blaupausen für die neuen Herausforderungen. Aber: Derzeit gebe es eine Doppelbelastung; es müssten Notfallpläne erstellt werden. Die zentrale Aufgabe bestehe darin, für die neu Zugewanderten Brücken in das Regelbildungssystem zu schlagen. Personal und Räumlichkeiten seien dabei die größte Herausforderung. Beck erläuterte, dass zwar Stellen geschaffen würden, diese wegen Nachwuchsmangel aber nicht besetzt werden könnten. Derzeit gebe es in Gelsenkirchen, einer Stadt mit 260.000 Einwohnern, 79 Seiteneinstiegs-Klassen – bis Jahresende müssten es 100 sein.
Dr. Norbert Reichel sieht in der Weiterentwicklung der ehemaligen Regionale Arbeitsstellen zu Ausländerfragen (RAA) zu Kommunalen Integrationszentren gute Startpunkte des Landes Nordrhein-Westfalen zur Unterstützung der Kommunen. In Bezug auf fehlende Lehrerstellen verwies Reichel auf ausreichend Referendarinnen und Referendare, die bald in den Schuldienst übergehen. Des Weiteren hob er die Bemühungen des Landes in Bezug auf Deutsch als Zweitsprache und interkulturelle Fortbildungen hervor und plädierte dafür, diese weiter zu stärken. Gleichwohl sei dies auch eine Herausforderung für das Land, Lehrkräfte in diesem Bereich weiter zu qualifizieren. Reichel sieht die Visionen des Landes NRW im Integrations- und Teilhabegesetz von 2012 niedergeschrieben. Außerdem betonte er: Es sei Aufgabe der Kommunen, die Strukturen und Angebote, die ihnen zur Verfügung stehen, gewinnbringend zusammenzuführen.
Dr. Stefan Buchholt verwies auf die Notwendigkeit, das Regelangebot von Kita und Schule interkulturell zu öffnen. In Nordrhein-Westfalen sei es Aufgabe der Kommunalen Integrationszentren hierbei zu unterstützen. Die Steuerung müsse jedoch immer von der Kommune ausgehen.
Dr. Manfred Beck beschrieb abschließend die Strukturveränderungen in der Stadtverwaltung Gelsenkirchen und betonte die Rolle einer unterstützenden Stadtspitze, die die Veränderung mittrage und befördere. Er bezog sich auf den Vortrag von Professor Klaus J. Bade und forderte gesonderte Unterstützungsstrukturen für Kommunen, die mit besonders hoher „Soziallast“ zu kämpfen hätten. Dies erfordere ein Umdenken beim Land, denn es gebe nicht eine Lösung für alle Kommunen. Als Beispiel führte er an, dass viele Kommunen, so auch Gelsenkirchen, Haushaltssicherungsauflagen hätten und Soziallleistungen auf dem Prüfstand stünden. Angesprochen auf die Mobile Kita der Stadt Gelsenkirchen, unterstrich Beck, wie zentral es in Notsituationen sei, über vermeintliche Grenzen hinaus zu denken, kreativ zu werden und Standards zu hinterfragen. In diesem Zusammenhang begrüßte Beck die Arbeit der Transferagenturen, da sie den notwendigen Austausch zwischen den Kommunen fördere.
Die Podiumsdiskussion schloss den Kommunalsalon "Neue Migration – Kommunales Bildungsmanagement als Motor für die Integration?" ab. Zur Dokumentation geht es hier.