
Mit Dr. Manfred Beck, Leiter des Vorstandsbereichs Kultur, Bildung, Jugend, Sport und Integration der Stadt Gelsenkirchen
Stadtdirektor Dr. Manfred Beck eröffnete die Veranstaltung und gab Einblicke in die Situation vor Ort: Bis vor Kurzem war Gelsenkirchen eine schrumpfende Stadt, die durch den Strukturwandel im Ruhrgebiet knapp die Hälfte ihrer Bevölkerung verloren hatte. Seit drei Jahren wächst die Kommune wieder.
Im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit kommen vor allem Menschen aus Südosteuropa in die Stadt, die den Standort auch wegen günstiger Mieten schätzen. Zusätzlich steigt auch in Gelsenkirchen die Anzahl von Geflüchteten aus Krisengebieten seit Monaten an. Diese Richtungsänderung bedeute, so Beck, für die Kommune eine enorme Herausforderung. Denn sämtliche Planungsprozesse und Haushaltsvereinbarungen mit dem Land beruhten auf Schrumpfungsprognosen. Die Zahlen seien mittlerweile Makulatur – die Vorgaben der Kommunalaufsicht, die in Nordrhein-Westfalen verschuldete Kommunen beaufsichtigt, jedoch nicht. „Ich habe angeboten, drei Schulen zu schließen“, erklärte Beck. „Dann änderte sich die Welt und es kamen viele Menschen. Wenn ich nun der Kommunalaufsicht erzähle, dass wir leider diese Schulgebäude weiterhin brauchen, sagt man mir: ‚Und welche Sparmaßnahmen liefern Sie alternativ, Herr Beck?“
„Integration durch Bildung“ ist in Gelsenkirchen seit Jahren gängige Praxis. Aktuell besuchten „viele junge Menschen, die nicht die Grundvoraussetzungen für einen Schulbesuch erfüllen“, die derzeit 97 Seiteneinsteigerklassen, so Beck. Ursache seien brüchige Schulbiografien, unzureichende Alphabetisierung, fehlende Krankenversicherung. Der Stadtdirektor sieht hier vor allem Versäumnisse der EU, und sagte deutlich: „Ich appelliere an den Bund und die EU, die Kommunen nicht im Regen stehen zu lassen." Besonders problematisch sei die Situation im Bereich Frühförderung: „Ich kann heute das Recht auf einen Kindergartenplatz nicht mehr garantieren.“ Ein Glück, dass Gelsenkirchen bereits Erfahrungen hat im Umgang mit neuer Migration: In dieser Situation bewähren sich flexible Brückenangebote in die Kita, wie zum Beispiel die „MoKi“(Mobile Kita) – entwickelt im Rahmen der städtischen Strategie zur Zuwanderung aus Südosteuropa.
Unter hohem Handlungsdruck bei chronisch knappen Ressourcen gehe es darum, kommunale Handlungsspielräume möglichst flexibel und kreativ zu nutzen. „Wir sind an den Grenzen dessen, was leistbar ist“, sagte Mandfred Beck. Für seine Stadt erhofft er sich von den Transferagenturen für Großstädte Anregungen für den innerstädtischen Transfer – auch um die neuankommenden Flüchtlinge in die bereits erprobten Systeme mit einzubeziehen.
Sein Resümee: „Ich bin als Seiteneinsteiger in die Kommunalverwaltung gekommen und habe anfangs immer gehört: ‚Das geht nicht.‘ Ich habe meine Mitarbeiter dann aufgefordert: ‚Sie kennen die Auflagen – machen Sie es möglich!“
Mit seiner Rede eröffnete Dr. Manfred Beck den Kommunalsalon "Neue Migration – Kommunales Bildungsmanagement als Motor für die Integration?". Zur Dokumentation geht es hier.