
Workshop 1 mit Dagmar Eckart, Leiterin der Stabstelle Kommunale Prävention, Yvonne Bakenecker, Koordinatorin Südosteuropa Gelsenkirchener Kindertagesbetreuung GeKita und Alexandra Bansemir, Fachberatung GeKita
Das Gelsenkirchener Modell zum Seiteneinstieg in die Kindertagesbetreuung entstand im Zuge der Arbeit am integrierten Handlungskonzept der Stadt zur Zuwanderung aus Südosteuropa. Die Idee ist, die Ängste und Vorbehalte von Migrantinnen und Migranten abzubauen, die diese oft aufgrund negativer Erfahrungen im Herkunftsland gegenüber staatlichen Institutionen haben. Flexible Angebote im Elementarbereich – z.B. die Mobile Kita (MoKI) und Spielgruppen – sollen Übergänge in den Regelbetrieb der Kindertagesbetreuung ermöglichen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, die Zusammenarbeit an den Schnittstellen zu weiteren Hilfesystemen der Stadt zu verbessern. Im Zentrum der dezernatübergreifenden Zusammenarbeit standen in den vergangenen Jahren das Projektteam „Zuwanderung EU-Ost“ und die Koordinatorinnen der verschiedenen Teilbereiche. Die Arbeitsstruktur wird in Teilen auch von der erst kürzlich beim Oberbürgermeister gegründeten Stabstelle Flüchtlinge genutzt. Die im Rahmen der Arbeit am integrierten Handlungskonzept entwickelten und erprobten Ansätze bewähren sich – denn die Bedarfe und Bedürfnisse von Zugewanderten ähneln einander, unabhängig vom Herkunftsland. Die Kommune hat in ihre eigene Resilienz investiert.
Integriertes Handeln
Dagmar Eckart, Leiterin der Stabsstelle Kommunale Prävention, betonte, dass dieses integrierte Handlungskonzept auf die Initiative des Gelsenkirchener Oberbürgermeisters zurückzuführen sei. Angesichts des prognostizierten Zuzugs aus Südosteuropa hatte er sich früh für einen ressort- und dezernatübergeifenden Ansatz stark gemacht. Bereits seit 2005 gibt es in Gelsenkirchen eine beinahe lückenlöse Betreuungs- und Präventionskette, von der Geburt bis zum Beruf. Auf dieser Basis und mit Hilfe von Daten aus der kommunalen Statistikstelle erstellte die Stabsstelle Kommunale Prävention einen ersten Entwurf für das integrierte Handlungskonzept. Darin wurden die Themen Integration, Wohnen sowie Erziehung und Bildung in Bezug auf die Zielgruppe aufgegriffen. Kernelement des Konzepts ist das dezernatübergreifende Projektteam „Zuwanderung EU-Ost“ mit den Fachbereichen Ordnung, Bau, Kultur und Bildung. Maßnahmen wie die Mobile Kita werden von hier aus koordiniert und umgesetzt.
Brücken in den Regelbetrieb: das Beispiel Mobile Kita (MoKi)
Alexandra Bansemir, Fachberaterin der Gelsenkirchener Kindertagesbetreuung, stellte das Konzept der Mobilen Kindertagesstätten vor.
Die MoKi besteht aus einem Wohnwagen mit Basis-Kita-Ausstattung. Montags bis donnerstags steht das Fahrzeug zwischen 10 und 15 Uhr in der Nachbarschaft von Zuwandererfamilien aus Rumänien und Bulgarien bereit. Der Stellplatz wird mit dem Ordnungsamt abgesprochen: Immer ist ein Spielplatz in der Nähe. Eine nahegelegene Kita bietet Zugang zu sanitären Anlagen. Kinder jedes Alters sind willkommen; die Teilnahme ist kostenlos. „Es kommen bereits jetzt auch viele syrische Kinder“, erzählte Alexandra Bansemir.
Der Besuch der Mobilen Kita und der Spielgruppen ermöglicht zugewanderten Familien, sich nach und nach mit der professionellen Arbeit im Bereich der frühen Bildung vertraut zu machen. Auf das unverbindliche Spielen in der MoKi folgt als zweiter Schritt eine feste Spielgruppe: Eltern und Kinder machen sich mit der Tageseinrichtung vertraut und lernen, sich an Zeiten und Termine zu halten. Zu guter Letzt erhält das Kind im Idealfall einen Platz in der Kita, in der bereits die Spielgruppe stattgefunden hat. Die Erzieherinnen und Erzieher der MoKi sprechen Rumänisch und Bulgarisch und können daher gut auf die Zielgruppe eingehen.
Die MoKi ist eine kostengünstige, flexible und noch dazu öffentlichkeitswirksame Lösung. Die Nachbarschaften werden vorab über das Konzept informiert. Die Hilfsbereitschaft ist groß, Bürgerinnen und Bürger bringen Spielzeug und Anziehsachen. Durch eine Spendenaktion des Rotary-Clubs konnte eine zweite MoKi finanziert werden.
„Keine Insellösung, sondern gut verzahnt“
Yvonne Bakenecker von der GeKita ging auf die Qualität der Vernetzung des integrierten Handlungskonzeptes ein. Kurze Dienstwege erleichterten die Arbeit: Die enge Zusammenarbeit der Partner aus Gesundheit, Wohnen, Schule etc. ermögliche es, Kindern und Familien erfreulich schnell die erforderlichen Hilfen anzubieten und Maßnahmen und Projekte zu koordinieren. „Alle wissen, wer was macht“, so Bakenecker. Aus ihrem MoKi-Alltag erzählte sie: “Wenn Schulkinder zu uns kommen, fragen wir nach: ‚Seid ihr schon in einer Schule angemeldet?‘ Wenn sie es nicht sind, rufen wir beim Koordinator Sozialdienst Schule an, und der schickt einen Schulwegbegleiter vorbei. So können wir die unterschiedlichen familiären Problemlagen, die in unterschiedliche Zuständigkeiten fallen, direkt an der Haustür aufnehmen und weiterleiten.“
In Hinblick auf die wachsende Anzahl Geflüchteter aus dem arabischen Raum und verschiedenen afrikanischen Staaten bewähren sich derzeit viele bereits erprobte Strukturen und Lerneffekte aus dem integrierten Handlungskonzept „Zuwanderung EU Ost“. Das Projektteam der neu gegründeten Stabsstelle Flüchtlinge ist fast personenidentisch – Wissenstransfer ergibt sich hier quasi von selbst.
Das Gelsenkirchener Beispiel wurde auf dem Kommunalsalon "Neue Migration – Kommunales Bildungsmanagement als Motor für die Integration?" vorgestellt. Zur Dokumentation geht es hier.