
Art:
- Kommunalsalon
Täglich kommen geflüchtete Kinder, Jugendliche und ihre Eltern in den Kommunen an. Dringender denn je stehen die Kommunen vor der Aufgabe, die Neuankömmlinge möglichst gut bei der Orientierung und beim Einstieg in Kita, Schule und berufliche Bildung zu unterstützen. Dass dem Thema Bildung eine Schlüsselrolle zukommt, ist unstrittig – wie aber lässt sich diese Erkenntnis im Zuständigkeitsgeflecht einer Kommune möglichst wirksam in gemeinsame Strategie umsetzen?
Städte wie Duisburg, Dortmund oder die Gastgeberstadt Gelsenkirchen verfügen über jahrelange Erfahrung in der Gestaltung von Zuwanderung. Themen, wie der Seiteneinstieg in Kita, Schule und Arbeitswelt, Sprachförderung und Sprachbildung, Beratung und Betreuung, sind vor dem Hintergrund der Arbeitsmigration aus Südosteuropa für sie kein Neuland. Auch mit knappen Ressourcen kennen sie sich aus und sie wissen: Tragfähige Lösungen entstehen, wenn Ämter miteinander arbeiten, aber auch mit Bildungseinrichtungen, Wohlfahrtsverbänden und zivilgesellschaftlichen Partnern kooperieren. Doch wie geht das, wenn alle Beteiligten zusätzlich unter Druck stehen und jeden Tag neu improvisieren müssen?
Im Kommunalsalon, den die Transferagenturen für Großstädte der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) in Kooperation mit der Transferagentur NRW ausgerichtet haben, wurde dieser Frage nachgegangen und mögliche Antworten diskutiert.
Dr. Manfred Beck, Stadtdirektor von Gelsenkirchen, eröffnete die Veranstaltung und gab Einblicke in die Situation vor Ort: Bis vor Kurzem war Gelsenkirchen eine schrumpfende Stadt, die durch den Strukturwandel im Ruhrgebiet knapp die Hälfte ihrer Bevölkerung verloren hatte. Seit drei Jahren wächst die Kommune wieder.
Migrationsforscher Professor Dr. Klaus J. Bade stellte die aktuelle „Flüchtlingskrise“ in einen historischen Zusammenhang. Bade verwies auf diverse Wanderbewegungen in Richtung Deutschland – von den Hugenotten im 17. Jahrhundert über Spätheimkehrer nach Kriegsende bis zu den Flüchtlingen der Balkankriege in den 1990er Jahren.
In der anschließenden Workshopphase stellten die Städte Gelsenkirchen, Münster, Dortmund und Duisburg ihre Modelle und Prozesse vor, mit denen sie genau dies versuchen: neu zugewanderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene beim Einstieg ins reguläre Bildungssystem zu unterstützen.
Workshop 1 zum Seiteneinstieg in frühe Förderung und Kindertagesbetreuung
Seiteneinstieg in den Übergang Schule – Arbeitswelt in der Altersgruppe 16 bis 25 Jahre
Seiteneinstieg sozialräumlich. Das Modellprojekt „Zusammen – Zuwanderung und Schule gestalten“
zum Thema "Kommunales Bildungsmanagement für bessere Seiteneinstiege in Bildung. Die Zusammenarbeit von Land und Kommunen in NRW" mit Dr. Stefan Buchholt, Stellvertretender Leiter der Landeskoordinierungsstelle der Kommunalen Integrationszentren NRW; Dr. Manfred Beck, Stadtdirektor Gelsenkirchen, und Dr. Norbert Reichel, Gruppenleiter Nachhaltige Bildungspolitik, Prävention und Integration, Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW.
































Wie geht es weiter?
Der Kommunalsalon ist ein Angebot, in den weitergehenden Fachaustausch einzusteigen, der im Rahmen der „Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement“ des BMBF organisiert wird.
Johannes Schnurr, Leiter der Transferagentur NRW beim Institut für soziale Arbeit ISA e. V., kündigte die für Nordrhein-Westfalen spezifischen Angebote an, die noch in diesem Jahr organisiert werden sollen und auch an Landkreise adressiert sind.
Marja Sabaß von den Transferagenturen für Großstädte der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung gab einen Überblick, wie die Weiterarbeit im Großstadtnetzwerk der Transferagenturen der DKJS aussehen kann. Die Fachgruppen des Großstadtnetzwerks sind als Exkursionen zu Orten interessanter Praxis organisiert und bieten den teilnehmenden Städten viel Raum, ihre eigenen Vorhaben weiterzudenken.
Einer der nächsten Termine ist der gemeinsame Auftakt der Fachgruppen „Diversität und Bildung“ und „Lokales Bildungsmanagement“ des Großstadtnetzwerks am 7. und 8. Dezember in Bremen-Gröpelingen. Unter dem Titel „Bildung lokal: Langfristige Strategien in der Einwanderungsgesellschaft“ wird dort ausgehend vom Seiteneinstieg in Kita und Schule weitergedacht: Was bedeutet die neue Zuwanderung für bewährte gemeinsame Konzepte der Sprachbildung und Bildungsberatung? Wie kann ein lokales Bildungsmanagement unterstützen, um Angebote neu aufzustellen? Braucht es eine neue Qualität der Zusammenarbeit mit den kommunalen Fachverwaltungen und woran lässt sich dies festmachen?
„Willkommen bei Freunden“: das neue Bundesprogramm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung
Bei den Transferagenturen ist der Seiteneinstieg in Bildung der Ausgangspunkt für die Unterstützungsangebote zur Weiterentwicklung kommunaler Koordinierung im Schwerpunkt „Neue Migration“. Das neue Programm „Willkommen bei Freunden – Bündnisse für junge Flüchtlinge“ der DKJS ist hierzu eine gute Ergänzung. Kathrin Hanke, Leiterin des Teams „Willkommen bei Freunden“ der Regionalstelle Nordrhein-Westfalen der DKJS berichtete vom Aufbau des Programms. Im Auftrag des Bundesfamilienministeriums unterstützt die Stiftung lokale Bündnisse für junge Flüchtlinge. Bundesweit gibt es sechs Servicestellen, eine davon in Köln. „Willkommen bei Freunden“ richtet sich an Verwaltungskräfte, die für die Aufnahme geflüchteter Kinder und Jugendlicher in der Kommune zuständig sind, Fachkräfte aus Kita und Schule sowie an alle Bürgerinnen und Bürger, die sich für junge Flüchtlinge engagieren und ein tragfähiges Netzwerk der Hilfe knüpfen wollen.
Während die Transferagenturen stark auf den Austausch von Kommune zu Kommune setzen, bietet „Willkommen bei Freunden“ direkte Unterstützung in Form von Prozessbegleitung vor Ort. Der Fokus liegt auf Fragen der Unterbringung und Betreuung sowie des Kinder- und Jugendschutzes. Zu Themen der Bildungsintegration arbeitet das Programm eng mit den Transferagenturen zusammen.