Mehr kommunale Demokratie(-bildung) wagen!

Demokratiebildung und Partizipation im DKBM vielfältig gestalten und strategisch verankern

Art:

Ort:
Online-
Veranstaltung,
via MS-Teams
Datum: 
Donnerstag, 18. August 2022 - 9:00 bis 13:00
Kontakt:
Nele Groth Transferagentur Großstädte

Nele Groth

Programmabteilung, Schwerpunkt Wissensmanagement,
Hamburg
0176 / 12 57 67 49

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Demokratie und demokratische Institutionen sinkt und die Unzufriedenheit mit dem politischen System und politischen Entscheidungen nimmt zu. (siehe dazu fes.de: Vertrauen in Demokratie. Wie zufrieden sind die Menschen in Deutschland mit Regierung, Staat und Politik?)
Gleichzeitig zeigt sich, dass Kommunen eine besondere Rolle einnehmen, um das Vertrauen in die Demokratie zu stärken. (vgl. fes.de: So stärken Kommunen das Vertrauen in die Demokratie!) Zurückgehend auf den Philosophen und Pädagogen John Dewey wird Demokratie nicht nur als Staats- und Herrschaftsform, sondern auch als Form des Zusammenlebens begriffen. Grundlage der Demokratie ist das Aushandeln gemeinsamer Konsens- und Entscheidungsfindungsprozesse. Demokratiebildung findet insbesondere durch das gemeinsame Erfahren, Erleben und die Gestaltung von Partizipationsprozessen statt. Ihr Ziel ist die Befähigung, Motivation und Stärkung zur Partizipation an Demokratie. Menschen werden zu Demokratinnen und Demokraten, indem sie demokratische Erfahrungen sammeln und an Interaktions- und Aushandlungsprozessen partizipieren. Dafür braucht es Gelegenheiten, Orte und den Willen, die Bürger:innen aktiv zu beteiligen. Die kommunale Ebene nimmt dabei eine Schlüsselfunktion ein, da auf lokaler Ebene politische Beteiligung besonders niederschwellig, unmittelbar und zugänglich erfolgen kann – sofern die Kommune dafür die notwendigen Voraussetzungen schafft.
 
Insbesondere das datenbasierte kommunale Bildungsmanagement (DKBM) kann bei der Öffnung und Gestaltung von Räumen und Möglichkeiten für Demokratiebildung eine zentrale Rolle einnehmen. Demokratiebildung ist die Verbindung aus Wissen über demokratische Institutionen mit dem Erfahren und Reflektieren von Demokratie und demokratischen Prozessen. Dies erfordert die Öffnung von Räumen, Settings und Gelegenheitsstrukturen, für die es der interdisziplinären Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteur:innen und Perspektiven bedarf. Genau hier kann das DKBM koordinierend, vernetzend und steuernd auf kommunale Angebote und Akteur:innen der Demokratiebildung einwirken. Demokratiebildung ist ein Querschnittsthema, das Kinder, Jugendliche und Erwachsene entlang der Bildungskette vor Ort an den Lernorten und nah an ihren Lebenswelten begegnet.  
 
Welche konkrete Bedeutung die Kommune und das DKBM in den unterschiedlichen Elementen der Demokratiebildung einnehmen kann, wurde in dem Großstadtnetzwerk „Mehr kommunale Demokratie(-bildung) wagen – Demokratiebildung und Partizipation im DKBM vielfältig gestalten und strategisch verankern“ diskutiert. 
 
Dabei standen unter anderem diese Fragen im Mittelpunkt: Was ist Demokratiebildung und welche Bedeutung hat sie auf kommunaler Ebene? Wann findet strukturelle Beteiligung statt? An welchen Strukturen können Kommunen anknüpfen, um Demokratiebildung nachhaltig umzusetzen? Wie kann Kommune möglichst unterschiedliche Zielgruppen erreichen? Welchen Beitrag kann das DKBM leisten, um Demokratiebildung in der Kommune strategisch anzugehen?
 
Neben dem interkommunalen Austausch zum Konzept der Demokratiebildung und den Aktivitäten der Kommunen im Bereich Demokratiebildung und Partizipation hat das Großstadtnetzwerk wissenschaftliche und praktische Impulse geliefert. Im Folgenden finden Sie die Dokumentation. 
 

Aus der Wissenschaft

Demokratiebildung und Partizipation – Möglichkeiten und Grenzen der Kommune
 
Impuls von Dr. Steve Kenner, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, Vertretung der Professur für Politikdidaktik mit dem Schwerpunkt Bildung und Nachhaltigkeit
 
Dr. Steve Kenner widmete sich in seinem Vortrag zunächst der Bestimmung des Begriffs Demokratiebildung. Während zunächst in den 1950er Jahren vor allem der Begriff „politische Bildung“ genutzt wurde, rückte mit der Zeit immer mehr der Demokratiebegriff in den Fokus. Eine einheitliche Definition der Begriffe gab es nicht, durch unterschiedliche politische Stoßrichtungen, Förderprogramme und die Forschung werden die Begriffe seit Jahrzehnten immer wieder neu geprägt. Demokratiebildung habe sich dabei als besonders geeignet sowie mit übergeordneter Perspektive herausgestellt, da er die unterschiedlichen Dimensionen der Demokratie zu erfassen im Stande sei. Dazu zähle die Lehre über die Demokratie als Herrschaftssystem mit Gestaltungsauftrag (Institutionen und Rahmenbedingungen), das Demokratische (normative Werte wie Gleichheit, Freiheit, Solidarität etc.) sowie die Demokratisierung (performative Aspekte wie Macht- und Herrschaftskritik und Zivilgesellschaft). 
 
Dr. Kenner machte deutlich, dass Kommune bei diesem anspruchsvollen Begriff von Demokratiebildung eine Schlüsselfunktion einnimmt. Kommunale Räume wie Kitas, Vereine, Jugendtreffs, Verwaltung und Schule etc. seien die lebensnahen Orte, an denen Demokratie erfahren werden kann. Insbesondere die Schule nehme dabei eine besondere Rolle ein, da sie alle Kinder und Jugendliche erreicht und nicht nur als Lehranstalt, sondern auch als Erfahrungs- und Sozialisationsraum eine bedeutende Rolle spiele. Auch andere Bildungseinrichtungen sollten eine Schlüsselrolle bei der Demokratiebildung einnehmen, um die pädagogische Begleitung der Lernprozesse zu ermöglichen. Darüber hinaus skizzierte Dr. Kenner einige Prinzipien, um gelingende Demokratiebildung in der Kommune umzusetzen. So solle gelingende Demokratiebildung bei den Sozialräumen und der Lebensrealität der Menschen vor Ort anknüpfen und vor allem die Perspektiven der Marginalisierten in den Blick nehmen. 
 

Im folgenden Video fasst Dr. Steve Kenner die besondere Bedeutung von Kommune bei der Demokratiebildung zusammen und gibt Hinweise für die kommunale Praxis. 

Video

Dr. Steve Kenner zu Demokratiebildung und Partizipation im kommunalen Bildungsmanagement

Video of Dr. Steve Kenner zu Demokratiebildung und Partizipation im kommunalen Bildungsmanagement

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Aus der Praxis

Bausteine zur Förderung der Demokratie und Demokratiebildung für junge Menschen in der StädteRegion Aachen 
 
Impuls von Dr. Sascha Derichs, Amtsleitung, Bildungsbüro der Städteregion Aachen und Steffen Mingenbach, Demokratiebildung/Historisch-politische Bildung im Bildungsbüro der Städteregion Aachen
 
Unter dem Titel BildungsRegion Aachen setzt das Bildungsbüro als Organisationseinheit entlang der Bildungskette ein datenbasiertes kommunales Bildungsmanagement um, dessen Teil auch die Bereiche „Demokratiebildung/Historisch-politische Bildung“ und die „Koordinationsstelle Jugendpartizipation“ sind. Diese stellten Dr. Sascha Derichs und Steffen Mingenbach in ihrem Vortrag vor. 
 
Drei interdisziplinär bearbeitete Handlungsfelder werden zur Förderung von Demokratiebildung in der StädteRegion Aachen umgesetzt:
 
  1. Seit 2010 existiert die Koordinationsstelle Jugendpartizipation, welche durch zwei junge Menschen im freiwilligen sozialen Jahr im politischen Leben sowie einer angestellten studentischen Hilfskraft (19 h/Woche) umgesetzt wird. Neben Diskussionsformaten zu politischen Themen und Ereignissen organisiert die Koordinationsstelle Unterstützungsangebote wie Weiterbildungs-, Vernetzungs- und Austauschformate für Schüler:innenvertretungen und Jugendgremien. Außerdem begleitet sie die Bezirksschüler:innenvertretung bei ihrer Arbeit. 
  2. Im Handlungsfeld Demokratiebildung/Historisch-politische Bildung finden Projekte zur aktiven demokratischen Gestaltung und Erinnerungskultur statt. In Zusammenarbeit mit den Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen der StädteRegion Aachen finden Bildungsprojekte statt, die die jungen Menschen in ihrer Lebenswelt abholen. Darüber hinaus finden Qualifizierungen und Fachveranstaltungen für pädagogische Fachkräfte und Mulitplikator:innen statt. Dieses Handlungsfeld verfügt über Personalressourcen einer halben Stelle sowie einer studentischen Honorarkraft (12-19 h/ Woche). 
  3. Durch die Partnerschaft für Demokratie können Maßnahmen und Projekte gemeinnütziger Organisationen zur Stärkung von Demokratie, Vielfalt und Extremismusprävention gefördert sowie die Vernetzung zivilgesellschaftlicher Akteur:innen gestärkt werden. Im Rahmen der Partnerschaft für Demokratie steht der StädteRegion Aachen eine dreiviertel Stelle zur Verfügung. 
 
Die Referenten stellten in ihrem Vortrag heraus, dass ihre Aktivitäten im Bereich der Demokratiebildung und Jugendpartizipation kommunale Räume für Beteiligung und Selbstwirksamkeit junger Menschen öffnen. So werde die politische Kultur erlebbar und durch feste (beratende) Sitze für Jugendliche in Ausschüssen oder durch Planspiele entstehe ein Dialog zwischen Verwaltung und der Zielgruppe. Davon profitiere sowohl Politik als auch Verwaltung, denn durch den direkten Kontakt könnten die Interessen der jungen Menschen besser in Beschlüsse einfließen und ihre Perspektive unmittelbar in den Arbeitsalltag der Verwaltung eingebunden werden.
 
Im nachfolgenden Video illustrieren Dr. Sascha Derichs und Steffen Mingenbach Demokratiebildung in der StädteRegion Aachen und geben einen Ausblick für andere Kommunen, die sich auf den Weg machen möchten, Demokratiebildung in ihrer Kommune zu stärken.
 
 

Video

Demokratiebildung in der kommunalen Praxis: Die Städteregion Aachen

Video of Demokratiebildung in der kommunalen Praxis: Die Städteregion Aachen

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Impuls der Transferagentur für Großstädte 

Demokratiebildung in Kommune 
 

Neben der wissenschaftlichen Perspektive und dem Blick in die Aachener Praxis richtete sich der Blick auch auf die Rolle des kommunalen Bildungsmanagements. Ausgehend von den Elementen eines datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements wurden zur Orientierung idealtypische Ausgestaltungen der einzelnen Elemente in Bezug auf Demokratiebildung aufgezeigt. 

Ansprechperson
Nele Groth Transferagentur Großstädte

Nele Groth

Programmabteilung, Schwerpunkt Wissensmanagement,
Hamburg
0176 / 12 57 67 49

Das Großstadtnetzwerk der Transferagentur für Großstädte

Das Großstadtnetzwerk der Transferagentur für Großstädte ist ein bundesweites Netzwerk von Kommunen, die ein datenbasiertes kommunales Bildungsmanagement aufbauen und weiterentwickeln, um für aktuelle Herausforderungen im Bildungsbereich ressortübergreifende Lösungen zu erarbeiten. Die Treffen fördern den städteübergreifenden Praxis- und Erfahrungsaustausch. Zudem bietet es ein Forum, um Einblicke in gute Praxis vor Ort zu erhalten und Zukunftsthemen für das DKBM zu diskutieren.