"Lokales Bildungsmanagement" und "Diversität und Bildung"

Städtesymbole Fachgruppe Transferagenturen für Großstädte
Bildung lokal: Langfristige Strategien in der Einwanderungsgesellschaft

Art:

Ort:
Quartiersbildungszentrum Morgenland (QBZ)
Morgenlandstraße 43
28237 Bremen
Datum: 
Montag, 7. Dezember 2015 - 13:30 bis Dienstag, 8. Dezember 2015 - 14:45

Der Zuzug geflüchteter Kinder, Jugendlicher und Erwachsener stellt für deutsche Großstädte nicht nur auf gesamtstädtischer Ebene eine Herausforderung dar. Auch die Akteure in den Stadtteilen brauchen Unterstützung dabei, gute und flexible Lösungen zu finden und umzusetzen. Ein lokales Bildungsmanagement unterstützt diesen Prozess, indem Angebote aufeinander abgestimmt und gemeinsame Konzepte der Bildung, Beratung und Betreuung weiterentwickelt werden. Damit dies auf lokaler Ebene gelingt, braucht es eine neue Qualität der Zusammenarbeit mit den kommunalen Fachverwaltungen.
Beim gemeinsamen Auftakt der Fachgruppen „Lokales Bildungsmanagement“ und „Diversität und Bildung“ am 7. und 8. Dezember 2015 trafen sich 45 Teilnehmenden aus den Verwaltungen zehn großer Städte und aus drei Berliner Bezirken. Sie lernten die Ansätze im Bremer Stadtteil Gröpelingen kennen, stellten ihre Entwicklungsvorhaben vor und legten den Grundstein für den weiteren Arbeitsprozess im Großstadtnetzwerk der Transferagenturen. Die Schwerpunkte von drei Arbeitsgruppen waren: Sprachbildung und Bildungsberatung sowie Fragen der lokal-kommunalen Zusammenarbeit – in Bremen konkret die Zusammenarbeit der Stadtteilakteure mit den Senatsressorts des Stadtstaats.

Der Ausgangspunkt

Gröpelingen ist ein typisches Ankunftsquartier im Bremer Westen. Seit über zehn Jahren arbeiten hier Einrichtungen der kulturellen Bildung zusammen, um z.B. die Sprachbildung in Gröpelingen zu verbessern. Gemeinsam mit den örtlichen Kitas und Schulen werden hier in einem Verbund kultureller Bildung bestehende Konzepte weiterentwickelt und Eltern gezielt eingebunden. Mithilfe des Bundesprogramms „Lernen vor Ort“ wurde ein lokales Bildungsbüro eingerichtet. Seit Anfang 2015 ist dieses im Quartiersbildungszentrum Morgenland (QBZ) beheimatet – eine gemeinsame Initiative der Senatsressorts für Bildung, Soziales und Bau. Das Arbeitsressort ist im QBZ mit einer Zweigstelle der Weiterbildungsberatung des Landes Bremen vertreten. Die Akteure im Stadtteil profitieren von der Verbindung des QBZ zu den zuständigen Ämtern und Behörden. Umgekehrt haben die Behörden so einen direkten Draht in den dynamischen Stadtteil.

Die Bildungslandschaft Gröpelingen

Einen guten Einblick in die Bildungslandschaft Gröpelingen gibt der Stadtspaziergang im Magazin "bewegt" der Transferagenturen für Großstädte.

Tag 1

Grußwort der Stadt Bremen

Einführende Worte sprach Frank Pietrzok, Staatsrat des seit der Bürgerschaftswahl 2015 in diesem Zuschnitt neuen Senatsressorts für Kinder und Bildung in Bremen. Wie vielerorts haben auch in Bremen die hohen Zuzugszahlen durch Flucht aus den Krisenregionen der Welt die Schulentwicklungsplanung vor eine völlig neue Situation gestellt.

Die neue Ressortspitze möchte die Bildungssituation in den Stadtteilen noch stärker in den Fokus rücken und die knappen Ressourcen bedarfsgerecht verteilen. Dabei gehe es in Stadtteilen wie Gröpelingen nicht nur um Aufstockung von Personal- und Raumkapazitäten, so Pietrzok, sondern darum, lokale Bildungsnetzwerke und Infrastrukturen für Bildung zu stärken.

Impuls: Das Quartiersbildungszentrum Morgenland – Neue Zuwanderung als Bewährungsprobe für das lokale Bildungsmanagement

Christiane Gartner, Geschäftsführerin des Vereins „Kultur Vor Ort“, und Hajo Sygusch, Leiter des Referats „Zusammenarbeit Schule und Jugendhilfe“ der Senatorin für Kinder und Bildung in Bremen stellten die Ausgangssituation im Stadtteil Gröpelingen und den Ansatz des Quartiersbildungszentrums Morgenland vor.

Mit Blick auf die noch junge Zusammenarbeit am QBZ in Gröpelingen benannten sie Erfolgsbedingungen, offene Baustellen und neue Anforderungen, die die Zuwanderung mit sich bringt:

  • Die Arbeit am QBZ knüpft an langjährig entwickelte Kooperationsstrukturen im Stadtteil an. Der Verein „Kultur Vor Ort“, die Zweigstellen der Stadtbibliothek und der VHS im Bremer Westen und das örtliche Bürgerhaus arbeiten bereits seit über zehn Jahren mit den Gröpelinger Kitas und Schulen daran, Konzepte der Sprachbildung mithilfe kultureller Bildung unter Einbeziehung der Eltern weiterzuentwickeln. Dass das QBZ an einen gut eingespielten lokalen Bildungsverbund anschließen kann, ist aus Sicht der Bildungsbehörde ein zentraler Erfolgsfaktor.
     
  • Das lokale Bildungsbüro berät und qualifiziert die Bildungsakteure vor Ort, bringt den Stand der Forschung ein, vermittelt Expertise und entwickelt das lokale Bildungsmarketing weiter. Gemeinsam mit dem Quartiersmanagement und dem Ortsbeirat wird daran gearbeitet, dem Bildungsanliegen im Stadtteil stadtweit mehr politischen Rückhalt zu verschaffen. Das Bildungsbüro ist nach Ende des Programms „Lernen vor Ort“ allerdings nur noch mit einer halben Stelle besetzt, was auch aus Sicht der Bildungsbehörde zu wenig sei. Die Akteure im lokalen Bildungsverbund vermissen zudem vergleichbare Strukturen der Zusammenarbeit auf der Ebene der zuständigen Senatsressorts. Es könne nur über vereinzelte Drähte in die Behörden kommuniziert werden.
     
  • Gröpelingen ist ein klassisches Ankunftsquartier. Im lokalen Bildungsverbund wird schon seit Jahren daran gearbeitet, Angebote auch auf die Bedürfnisse neu ankommender Kinder, Jugendlicher und Familien auszurichten. Die neue Zuwanderung trifft auf gut entwickelte Strukturen, die durch das lokale Bildungsmanagement am QBZ gestärkt werden. Der Fokus auf kulturelle Bildung ermöglicht besonders wirksame Ansätze in der Arbeit auch mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen. Dennoch werden allein aufgrund der neuen Quantität Grenzen deutlich. Die Senatorin für Kinder und Bildung richtet in Gröpelingen sehr viele Vorkurse für den Seiteneinstieg in Schule ein. Es gibt erste Ansätze, die Strukturen für neu ankommende Kinder und Jugendliche in den bestehenden Bildungsverbund einzubetten – hier bleibt aber noch viel zu tun.
     
  • Ein neues Phänomen ist die Konkurrenz der Bildungseinrichtungen untereinander um Fachkräfte im Bereich Sprachförderung und Sprachbildung.

Die Präsentation zum Impulsvortrag steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

In der Diskussion verglichen die Teilnehmenden den Ansatz des Quartiersbildungszentrums mit vergleichbaren Stadtteilzentren für Bildung in ihren Städten. Es kam die Frage auf, warum das QBZ nicht als niedrigschwellig-offener Anlaufpunkt „für alle“ organisiert sei. Niedrigschwellige Angebote, so Gartner, gebe es im Stadtteil genügend. Im QBZ käme es darauf an, diese durch fachlich fokussierte Angebote zu ergänzen und so Wirkungsketten aufzubauen.

Nach einem kurzen Rundgang durch das Quartiersbildungszentrum kamen die Teilnehmenden in drei Gesprächsrunden mit Vertretenden der Einrichtungen im Stadtteil und den Bremer Senatsressorts zusammen.
 

Gruppe 1: Lokale Bildungslandschaften in der Bewährungsprobe. Zusammenarbeit vor Ort stärken, Schnittstellen zur Verwaltung entwickeln

Die Gruppe beschäftigte sich mit der Frage, wie die Vernetzung verschiedener Akteure im Stadtteil verbessert wird und zugleich eine gute Rückkopplung an die Stadtverwaltung gelingen kann. Neben Christiane Gartner vom Verein „Kultur Vor Ort“ und Hajo Sygusch aus der Bildungsbehörde nahmen Dorothea Haubold, Referentin für Stadterneuerung beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr sowie Inge Kilian, Referentin für Offene Kinder- und Jugendarbeit bei der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen, am Gespräch teil. Zum Einstieg wurden offene Fragen aus dem vorangegangenen Input im Plenum aufgegriffen.

Gruppe 2: Sprachbildung als Themenfeld eines lokalen und kommunalen Bildungsmanagements weiterentwickeln

Hier standen Frauke Kötter, Leiterin des Quartiersbildungszentrums Morgenland, mit ihren Kooperationspartnerinnen Ute Lesniarek-Spieß, Leiterin der Grundschule Auf den Heuen, und Nikola Schroth, Referentin für Grundschulen bei der Senatorin für Kinder und Bildung, sowie Saskia Lohmann, Lehrerin und Sprachberaterin an der Gesamtschule Bremen-West zum Gespräch bereit.
Sie stellten zunächst die unterschiedlichen Ansätze des QBZ im Bereich Sprachbildung vor.

Gruppe 3: Bildungsberatung als Baustein lokaler und kommunaler Bildungslandschaften verankern

In dieser Gruppe stellten Sabine Lührs, Leiterin des Landesprogramms „Weiter mit Bildung und Beratung“ des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, und Nataliya Oleynychenko, die in den vergangenen zwei Jahren im Rahmen des Landesprogramms die aufsuchende Bildungsberatung in Gröpelingen erprobt hat, ihre Erfahrungen vor. Haleh Soleymani, Leiterin der Zweigstellen West und Nord der Bremer Volkshochschule kam, als eine der Kooperationspartnerinnen im Stadtteil hinzu. Sie berichtete, vor welchen neuen Anforderungen die Weiterbildungsakteure und die Bildungsberatung im Stadtteil im Zuge der neuen Zuwanderung stehen.

Tag 2

Vortrag: Lokale Bildungsverbünde als Keimzelle des kommunalen Bildungsmanagements – Erfahrungen aus Bremen und Möglichkeiten der Übertragung

Dr. Lutz Liffers, Leiter der Transferagenturen für Großstädte Hamburg/Bremen, stellte den „Campus Ohlenhof“. Anhand des Entwicklungs- und Beteiligungsprozesses zum Neubau einer Oberschule in Gröpelingen skizzierte er die typischen Schwankungen, denen die Willensbildung lokaler Akteure unterliegt. Außerdem zeigte er, was es braucht, um das Commitment vor Ort soweit zu stärken, dass es neue politische Konstellationen überdauert und plötzlichem Gegenwind von Seiten der Entscheidungsebene erfolgreich standhält.

Wenn es darum geht, Wissen über die Zielgruppen zu systematisieren, geeignete Instrumente und Prozessqualität zu entwickeln und die Fäden zusammenzuhalten, nimmt das lokale Bildungsmanagement eine Schlüsselrolle ein.

Sein Fazit:  

  • Lokale Bildungsverbünde können qualitative Antworten finden, aber nicht die quantitative Herausforderung meistern (Ressourcen).
     
  • Lokale Bildungsverbünde brauchen eine strategische Netzwerkentwicklung und dazu Personal, das über diese Kompetenz verfügt. (Schlüsselakteure, Steuerungsstrukturen, Ziele, Bildungsbegriff).
     
  • Lokale Strukturen (z.B. aufsuchende Bildungsberatung, Sprachförderung etc.) generieren Steuerungswissen – dazu bedarf es aber funktionierender Governance-Strukturen zwischen Kommunalverwaltung und lokalem Bildungsverbund. Diese verhindern auch, dass lokale Bildungsverbünde zu isolierten Inseln werden.
     
  • Kommunale Gesamtkonzepte sind kein Garant für Wirkung – aber eine Voraussetzung.
     
  • Es braucht eine klare Verteilung der Aufgaben- und Verantwortung zwischen lokalem Bildungsverbund und der Kommune.
     

Die Präsentation zum Vortrag finden Sie hier.

Kurzvorstellung der Entwicklungsvorhaben der teilnehmenden Kommunen und kollegiale Beratung in Kleingruppen

Die Teilnehmenden setzten die Arbeit in Gruppen fort. Jeder Gruppe fertigte Skizzen der jeweiligen Entwicklungsvorhaben an und präsentierte diese. Im Anschluss wurde eines der Entwicklungsvorhaben kollegial beraten.

Gruppe 1: Lokale Bildungslandschaften in der Bewährungsprobe. Zusammenarbeit vor Ort stärken, Schnittstellen zur Verwaltung entwickeln

Hier kamen Vertreterinnen und Vertreter Kommunalverwaltungen sechs großer Städte, zwei Berliner Bezirken, aus Regionalverbänden und von freien Trägern zusammen, um über die Entwicklungsmöglichkeiten von Bildungsverbünden zu diskutieren. Vorgestellt wurden bestehende lokale Bildungsverbünde, aber auch die Pläne für die Entwicklung eines solchen Netzwerks. Über die Arbeitsphasen hinweg stellte sich insbesondere folgende Frage: Wie kann auf allen beteiligten Ebenen Commitment hergestellt werden, um Informationsflüsse zu verstetigen und Bildungsverbünde in die Gesamtstruktur der Verwaltung einzubetten?

Gruppe 2: Sprachbildung als Themenfeld eines lokalen und kommunalen Bildungsmanagements weiterentwickeln

In der Vorstellungsrunde beantworteten die Teilnehmenden zunächst ihre Fragen zu den jeweiligen Städtevorhaben. Die anschließende Diskussion und Auswertung eines konkreten Falls warf ein differenziertes Bild auf die Schwierigkeiten von Kommunen – wie z.B. im Feld Sprachbildung: Doppelstrukturen vermeiden bzw. von widersprüchlichen oder mehrgleisigen Mandaten hin zu einem kommunalen Gesamtkonzeption kommen.

Gruppe 3: Bildungsberatung als Baustein lokaler und kommunaler Bildungslandschaften verankern

Hier kamen Perspektiven aus vier Großstädten und unterschiedlichen Arbeitsbereichen der Bildungsberatung zusammen: Schullaufbahnberatung, Beratung zum Seiteneinstieg in das Übergangssystem Schule – Beruf, Weiterbildung und stadtteilnahe Bildungsberatung. In zwei der Städte wurden im laufenden Jahr Initiativen für die Neuaufstellung der kommunalen Bildungsberatung. In beiden Fällen geschah dies ausgehend von der Erwachsenenbildung und mit dem Anliegen, die kommunale Jugend- und Schulverwaltung bzw. das dort angesiedelte kommunale Bildungsmanagement für ein gemeinsames Vorgehen zu gewinnen.

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