Einleitung

Bildung vor Ort wirksam gestalten – eine besondere Herausforderung für Kommunen?

Darum geht’s

Wirkungsorientierte Steuerung ist heute ein zentraler Leitbegriff im Kontext eines datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements und ist aus der Debatte über die Gestaltung kommunaler Bildungslandschaften nur schwer wegzudenken. Mit dem Begriff verbunden ist die Vorstellung, „dass eine Organisation Daten und Analysen über Umsetzung und Wirkung ihrer Aktivitäten nutzt, um aus der eigenen Arbeit zu lernen sowie kurz und längerfristige Anpassungen vorzunehmen, um ihre Ziele zuverlässig und nachhaltig zu verwirklichen.“ 1 Entscheidend ist dabei nicht die Leistungserstellung (Output), sondern das Ergebnis, das mit der Maßnahme bei der jeweiligen Zielgruppe erreicht wird. Wurde das Thema bis Mitte der 1990er Jahre in Theorie und Praxis noch stiefmütterlich behandelt, hat in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden. Immer mehr Großstädte machen sich auf den Weg, Bildungsmaßnahmen zu entwickeln, die über ihre kommunalen Pflichtaufgaben hinaus gehen. Auch wenn eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem Thema stattfindet und Grundlagen für eine wirkungsorientierte Steuerung geschaffen wurden, bleibt vielerorts die systematische Verknüpfung mit der Steuerungs- und Maßnahmenebene zumeist noch in den Anfängen und spielt in der kommunalen Praxis vielerorts nur eine untergeordnete Rolle.

Aus einer systemischen Perspektive wiederum sind großstädtische Kommunalverwaltungen hochkomplexe, aber immer auch lernende Organisationen. Diese sind geprägt von prozessualen Wechselwirkungen, Rückkopplungseffekten und Imponderabilien, das heißt nur schwer kontrollierbare Einflussfaktoren. Auf den Bereich der wirkungsorientierten Steuerung im kommunalen Bildungssystem mit seinen teils unzähligen verwaltungsinternen und externen Akteuren übertragen, erscheint es schwierig, steuernde Impulse zu setzen und erwünschte Wirkungen zu messen. Können bildungsbezogene Maßnahmen seit Luhmanns Erkenntnis zum „Technologiedefizit“ der Pädagogik überhaupt wie technische kausale Gesetzmäßigkeiten gemessen werden? Diese Perspektiven verdeutlichen bereits, dass vor allem im Bildungsbereich kein einfacher Zusammenhang zwischen bildungsspezifischen Investitionsanstrengungen einer Großstadt und dem damit verbundenen Ziel, möglichst unmittelbar einstellender positiver Wirkungen der Maßnahmen besteht. Oder zugespitzter: Wenn Kommunen investitionsintensive Maßnahmen im Bildungsbereich entwickeln, zahlen diese nicht automatisch und unmittelbar auf das Konto höherer Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit ein. Die Stadtpolitik und Stadtgesellschaft hat allerdings ein nachvollziehbares Interesse daran, dass ihre „Interventionen“ (Maßnahmen) im Bildungsbereich messbar zu mehr Chancengerechtigkeit und Bildungserfolg führen – sprich: Wirkung erzielen!

Darüber müssen wir sprechen

Ein datenbasiertes kommunales Bildungsmanagement zielt darauf ab, Bildung im Sinne eines erweiterten Bildungsbegriffs ganzheitlich zu gestalten. Dazu werden verschiedene Handlungsstränge miteinander verknüpft, Akteure außerhalb der Kommunalverwaltung beteiligt und Daten als Entscheidungsgrundlage genutzt. Zentraler Anspruch ist es dabei, die Qualität und Wirkung von Bildungsangeboten zu erhöhen. Der Fokus liegt also nicht nur auf der Bereitstellung von Maßnahmen („Outputs“), sondern insbesondere auf dem Ergebnis für die jeweilige Zielgruppe („Outcomes“ und „Impacts“). Wird die Steuerung im kommunalen Bildungsmanagement auf die Wirkungen von Angeboten ausgerichtet, kann dies mit dazu beitragen, bildungspolitische Leitziele und konkrete Maßnahmen in einer Kommune besser miteinander zu verknüpfen, ressortübergreifend gemeinsame Ziele zu formulieren sowie die Transparenz über die Ergebnisse von Bildungsprozessen und den Nutzen von Bildungsangeboten zu erhöhen. Steuerungsinstrumente im Bildungsbereich können allerdings nur wirksam sein, wenn sie in eine kommunale Steuerungsphilosophie und -kultur eingebettet sind. Wirkungsorientierte Steuerung im Bildungsbereich ist somit nicht nur eine Haltungsfrage, sondern auch eine Denk- und Arbeitsweise.

  • Doch wie kommt man von der Haltung zur Wirkung?
  • Wie lässt sich Wirkungsorientierung in der kommunalen Praxis verankern?
  • Und welche Handlungsspielräume ergeben sich auf Projekt- und Maßnahmenebene, für ganze Verwaltungsbereiche, Sozialräume und letztlich die gesamte Stadt?
     

Zum Inhalt dieses Dossiers

In seinem Beitrag „Potenziale und Grenzen wirkungsorientierter Steuerung im datenbasierten kommunalen Bildungsmanagement“ geht Sebastian Niedlich der Frage nach den Wirkungen kommunaler Bildungssteuerung in der Konzeption eines datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements nach, die zunächst eine Leerstelle markierte, da der Schwerpunkt wirkungsorientierter Steuerung auf einer Systemperspektive lag und konkrete Maßnahmen und deren Umsetzung vernachlässigt wurden.

Im Praxisteil und den anschließenden Interviews stellen die Mitarbeitenden des Bildungsmanagements in München und Mannheim ihre Ansätze einer wirkungsorientierten Steuerung im Bildungsbereich für mehr Bildungsgerechtigkeit vor. Die beiden Beispiele geben Einblicke in die jeweiligen Steuerungslogiken und Entwicklungspotenziale. Im abschließenden „Warnhinweis“ geht Anika Duveneck der Frage nach, inwieweit bei wirkungsorientierter Steuerung im datenbasierten kommunalen Bildungsmanagement von einem Mythos gesprochen werden kann. Können auch wir im kommunalen Bildungsbereich Prozesse und Maßnahmen steuern? Können wir im Bildungsbereich verbindlich beschreiben „was wir erreichen wollen“?