
Um Mannheim zu verstehen, muss man im Quadrat denken. Nicht nur, um sich in den Strukturen des Straßennetzes zurechtzufinden. Sondern auch, um die Verwaltungsstruktur und Vernetzung zu verstehen. Vor mehr als acht Jahren begann, initiiert von Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz, ein umfangreicher Modernisierungsprozess. Davon profitiert vor allem der Bereich Bildung, wenngleich er damit viel Verantwortung übernehmen musste. Für Mannheim ist die Neue Migration nicht nur mit der aktuellen Zuwanderung aus Syrien verknüpft. Die Stadt ist seit jeher eingestellt auf Menschen mit Migrationshintergrund. 170 Nationen haben in der Rheinstadt ihr Zuhause.
Fast 40 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner haben einen Migrationshintergrund, bei den unter 10-Jährigen sind es sogar 60 Prozent. Viele Bildungsstrukturen sind bereits geschaffen, die Verwaltung ist gut eingerichtet.
Die barocke Planstadt hat, ausgehend vom Rathaus, über Jahre hinweg ein Netz voller Kooperationen und Partner gesponnen. Freie Träger, Bildungsträger und weitere Institutionen stehen im permanenten Austausch miteinander. Entwicklungspläne, Datenmonitoring und Fachberichte im Bereich Bildung bildeten dafür die Rahmenbedingungen.
Das Rathaus – Integrierte Steuerung und Koordination
Mitten in der Stadt, im Quadrat E 5, steht das Rathaus. An diesem Ort startet unser Spaziergang durch die Bildungslandschaft Mannheim. Hier leitet Bürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb das Dezernat III, Geschäftskreis Bildung, Kinder, Jugend, Familie und Gesundheit. Von hier gehen die Impulse raus in die Stadtteile, wie den „Jungbusch“ (Innen- stadt) oder die Neckerstadt-West. Stadtteile, die laut Mannheimer Sozialraumtypologie in die Kategorien 4 und 5 fallen, das heißt, mit großen sozialen und strukturellen Problemen zu kämpfen haben. Im Dezernat setzt man deshalb schon seit Jahren auf eine Systematisierung kommunaler Ansätze. Ein wichtiger Impuls für die Entwicklung eines kommuna- len Bildungsmanagements für Mannheim war das Bundesprogramm „Lernen vor Ort“. Schon zu Beginn 2010 erarbeiteten die Behörden ihren ersten fachübergreifenden und interdisziplinären Bildungsbericht. Nummer zwei folgte im Jahr 2013. „Wir haben durch den zweiten Bildungsbericht erfahren, dass der bundesweite Trend zu einem formal höheren Bildungsabschluss auch in Mannheim angekommen ist – und zwar für Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund. Aber beide Gruppen haben dabei unterschiedlichen Erfolg. Signifikant weniger Jugendliche mit Migrationshintergrund erzielen hohe Bildungsabschlüsse. Hierin drückt sich eine Benachteiligung aus, der wir gezielt gegensteuern müssen“, so Freundlieb. Für Mannheim war diese ernüchternde Erkenntnis Ansporn, die Hintergründe der strukturellen Benachteiligung auszuleuchten und Maßnah- men für mehr Bildungsgerechtigkeit zu identifizieren.
Der „Entwicklungsplan Bildung und Integration“ war die logische Konsequenz aus dem Monitoringbefund und lieferte politische und strategische Hinweise. Die Expertise kam von der Konrektorin der Universität Bremen Prof. Dr. Yasemin Karakasoglu. Jeder Fachbereich nahm sich den Bericht zur Hand und definierte eigene Ziele in Form der angebotenen, kommunalen Leistungen und deren Wirkungsindikatoren. „Die Offenheit der Fachbereiche war von Anfang an da, weil die Verwaltung seit Jahren gewohnt ist, mit Zielen zu arbeiten. Die Festlegung von fachbereichsspezifischen Wirkungskennzahlen weist auf die Unterschiedlichkeit der Ausgangslagen in den unterschiedlichen Ressorts hin. Sie ermöglicht gleichzeitig eine Auswertung, welche durchgeführte Maßnahme und Handlung mit welcher Stringenz zur angestrebten Verringerung der Bildungsbenachteiligung führt“, betont Freundlieb.
"Die Stadt Mannheim hat immer auf Integration und Zuwanderung gesetzt."
Dr. Ulrike Freundlieb, Bürgermeisterin
Dr. Freundliebs Dezernat betreut ein Mannheimer Kind von der Geburt bis zum Einstieg in den Beruf, das ist neu und folgt dem Ansatz einer lebenslangen Bildungsbiografie. „Zwar nennen sich die Fachbereiche meines Dezernats Bildung, Jugend, Gesundheit und Kinderbetreuung, aber wir bearbeiten hier Stationen der vorschulischen, schulischen und non-formalen Bildung. Wir sehen die Fachbereiche ganz klar im Gesamtzusammenhang des lebenslangen Lernens“, so die Bürgermeisterin.
Mannheim setzt bei der Umsetzung einer gerechten kommunalen Bildungslandschaft auch auf die freien Träger, die im Auftrag der Stadt in vielen Bildungsbereichen mit ihrer Expertise gefragt sind. Der „Entwicklungsplan Bildung und Integration“ wird im nächsten Schritt nun auch für die Kooperationspartner des Dezernats zu einem konzeptionellen Rahmenplan. Allerdings setzte die Kommune hier auf die freiwillige Zusammenarbeit Überzeugungsarbeit, Aushandlungsprozesse und faire Kooperationen sind notwendig, um die freien Träger hier als dauerhafte Partner zu gewinnen.
„Wir reden bei der Herstellung von Bildungsgerechtigkeit nicht von einer Maßnahmen-, sondern von einer Haltungsänderung.“
Dr. Ulrike Freundlieb
„Bei der Auftaktveranstaltung waren alle Träger anwesend und dem Vorhaben sehr offen gegenüber.“ Geld wird keines fließen. Denn, so Freundlieb: „Wir reden bei der Herstellung von Bildungsgerechtigkeit nicht von einer Maß nahmen-, sondern von einer Haltungsänderung.“
Noch im Herbst dieses Jahres, dazu verpflichteten sich die Träger und auch die Stadt, soll anhand eines Berichts geprüft werden, wieviel die Öffnung des Entwicklungsplans bewirkt hat. Der Bericht soll die Ergebnisse von zwei Jahren veränderten Verwaltungshandelns darlegen und transparent machen, mit welcher eigenen Teilzielsetzung die verschiedenen Träger unterwegs sind. „Eine Art Bildungslandkarte für die Stadt Mannheim“, erklärt Freundlieb. Entwicklungsbedarf im eigenen Haus hat das Dezernat schon identifiziert. Nur wenigen Menschen mit Migrationshintergrund schaffen den Einstieg in den öffentlichen Dienst: „Denn laut Stadtstatistik müssten ja fast 60 Prozent aller Bewerberinnen und Bewerber einen Migrationshintergrund haben Die Gründe, warum uns das nicht gelingt, sind jedoch sehr vielschichtig. An diesem Punkt kommen wir nicht so schnell voran, wie wir es uns erhofft haben.“



Die Willkommensschule: Zuwanderung managen
Die Situation Mannheims ist eine besondere: Die Stadt ist Landeserstaufnahmestelle (LEA) und bekommt selbst laut Königsteiner Schlüssel keine Geflüchteten dauerhaft zugewiesen. Hier bleiben die Asylbewerberinnen und Asylbewerber meist nur einige Wochen bis zu ihrer Zuweisung in andere Kommunen. Viele waren in Teilen des Benjamin-Franklin-Village im Stadtteil Käfertal untergebracht, das seit September dauerhaft als Bedarfsaufnahmeeinrichtung geschlossen ist . Mannheim begreift trotz Zuständigkeit des Landes die Flüchtlinge in der LEA als Bürgerinnen und Bürger Mannheims und will deshalb deren Integration in die kommunalen Bildungsnetzwerke erleichtern. Lutz Jahre, Fachbereichsleiter Bildung: „Ein Drittel der Menschen in der Landeserstaufnahmestelle sind unter 18 Jahren. Sie haben einen langen Weg hinter sich und dann kommen sie hier an – aber erstmal passiert nichts.“ So entstand die Idee der Willkommensschule, die auf dem Gelände des „Franklin“ im Bereich des Columbus-Quartiers errichtet wurde. „Es geht um die Schaffung eines Angebots, das die Wege in unsere Gesellschaft vom ersten Tag an erleichtert. Dabei ist es egal, ob es sich um Sprachförderung oder die bildungsbiografische Ersterfassung handelt. Wenn wir nicht früh handeln, wird die Integration schwieriger. Denn, egal mit welchem Rechtsstatus Zuge wanderte nach Mannheim kommen, über die Bildung wollen wir frühzeitig die Möglichkeiten einer Integration schaffen“, sagt auch die Bürgermeisterin für Bildung Dr. Ulrike Freundlieb. Fast zwei Jahre hat die Columbus Willkommensschule rund 400 Kindern der Erstaufnahme ein tagesstrukturierendes Angebot gemacht. Ziel war es den Kindern, ob mit oder ohne Bleibeperspketive, ein Stück Normalität zu vermitteln. Seit dem Frühjahr 2018 ist die Schule geschlossen. Mit der Einrichtung spezieller Vorbereitungsklassen an zwei Regelschulen trägt künftig das Land dafür Sorge – und führt die Kinder so einen weiteren Schritt näher an etwas wie Normalität heran.
„Denn, egal mit welchem Rechtsstatus Zugewanderte nach Mannheim kommen, über die Bildung wollen wir frühzeitig die Möglichkeiten einer Integration schaffen“, sagt auch die Bürgermeisterin für Bildung Dr. Ulrike Freundlieb.
Koordiniert wurde die Willkommensschule vom Fachbereich Bildung. Solch unkonventionelle Wege waren und sind möglich, weil Mannheim im Rahmen des kommunalen Bildungsmanagements langjährige Erfahrung in der systematischen Vernetzung der Bildungsakteure hat. Auch fachlich ist Mannheim im Bereich Diversität und Bildung gut vorbereitet. Mit dem von allen Ämtern getragenen Entwicklungsplan „Bildung und Integration“ sind die Voraussetzungen für ein koordiniertes Handeln ge schaffen. So entstand ein dicht gewobenes Netzwerk mit vielen Akteuren. „Deshalb sind die Wege zur Zusammenarbeit aller Akteure in Mannheim sehr kurz“, betont Fachbereichsleiter Lutz Jahre.
Die Bibliothek der Zukunft – Treffpunkt der urbanen Wissensgesellschaft
Auf dem Weg durch Mannheims Quadrate geht es über den zentral gelegenen Paradeplatz zur Stadtbibliothek. Diese ist seit 2008 dem Fachbereich Bildung zugeordnet und unter anderem mit elf Zweigstellen in Mannheim präsent. Vor der Umstrukturierung war sie dem Dezernat für Kultur angegliedert. Dr. Bernd Schmid-Ruhe leitet die Bibliothek: „Wir haben eine konsequente Pädagogisierung unserer bibliothekarischen Arbeit vor genommen. Durch die Anbindung an den Fachbereich Bildung definieren wir ganz klar: Wir sind eine Bildungseinrichtung!“ Die 2.700 Veranstaltungen im Jahr wimmeln nur so von Kooperationen mit Schulen, Vereinen und an- deren Bildungs- oder Kulturinstitutionen. Das interkulturelle Angebot „colibri – colourful library“ ist eine davon. Hier wird mehrmals im Monat Deutsch gelernt oder das vertieft, was in offiziellen Integrationskursen gelehrt wird. Die Teilnahme ist unkompliziert: ohne Anmeldung, ohne Zwang zum regelmäßigen Besuch und unabhängig von Alter, Herkunft und Kultur. So ähneln die Bibliotheken mehr einem lebendigen Bürgertreff im Stadtteil als einer althergebrachten Bibliothek.
Informationen zur Bibliothekspädagogik
Auch im nahegelegenen Dalberghaus dominiert eine kommunikative und nutzerfreundliche Atmosphäre. Neben der Kinder- und Jugendbibliothek sind im Dalberghaus die Musikbibliothek und das multimediale N³-Bibliothekslabor angesiedelt. „Das ist die Bibliothek der Zukunft: Ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche zusammenkommen, reden, zusammensitzen oder gemeinsam an etwas arbeiten. Das war früher nicht so. Heute haben wir an manchen Nachmittagen keinen einzigen Sitzplatz mehr frei. Hier haben Kinder und Jugendliche Räume, die sie sonst nirgendwo in der Stadt haben“, sagt Schmid-Ruhe.
„Hier haben Kinder und Jugendliche Räume, die sie sonst nirgendwo in der Stadt haben“.
Dr. Bernd Schmid-Ruhe, Leiter der Stadtbibliothek Mannheim
Kerngeschäft ist nicht mehr die klassische Ausleihe, sondern der Kontakt mit den Nutzern, die Schaffung von kommunikativen Räumen, die Erarbeitung von Kooperationsstrukturen mit Schulen, Kitas und anderen Institutionen.
Im wohnlichen Teil der Bibliothek sind Kissen, Decken und Sitzgelegenheiten zu finden. Hier machen es sich zum Beispiel Kindergartenkinder des Projekts „Lesespaß für die Kleinsten“ mit ihren Vorleserinnen und Vorlesern in einer Ecke gemütlich. Und auch die „Vorlesepaten“, ein Projekt der Stiftung Lesen und der Stadt Mannheim, finden sehr oft den Weg hierher.
Auf der Empore des hellen, von einer Seite nur aus Fenstern bestehenden Raums, stehen viele Einzigartigkeiten auf Stapeln und in hölzernen Regalen. Neben ganzen Klassensätzen an Büchern für den Unterricht, befinden sich hier gut 40 sogenannte Erzählkoffer und 180 Medienkisten, mit denen Lesepatinnen und Pädagogen umfangreiches didaktisches Material zur Verfügung haben. „Für dieses Angebot fahren viele Pädagoginnen und Pädagogen nicht selten 40 bis 50 Kilometer. Nicht nur über Länder-, sondern auch über Bundesgrenzen hinweg“, erzählt Bettina Harling aus der Bibliothekspädagogik stolz.






Die Jungbusch-Grundschule – Integrierte Bildung braucht neue Schulen
Der dicht bebaute, zur Innenstadt gehörende Stadtteil Jungbusch ist einer der internationalsten der Stadt, ein so genannter Ankommensstadtteil. Über 90 Prozent der Familien im Einzugsgebiet der Schule haben einen Migrationshintergrund; die meisten von ihnen kommen aus Osteuropa.
Die gleichnamige Jungbusch-Grundschule ist Baden-Württembergs erste Ganztagsschule und war lange Modellschule des Landes. Vor den Toren der Schule steht die MoBi, der mobile Teil der Stadtbibliothek. Die Jungbusch-Grundschule ist eine von insgesamt 14 Stationen, die die Mobile Bibliothek anfährt. „Aus gutem Grund“, erläutert Dr. Bernd Schmid-Ruhe. „Wir wollen nicht mehr darauf warten, dass die Leserinnen und Leser zu uns kommen – wir kommen zu ihnen.“ Und so entsteht ein dichtes Netzwerk mit allen Schulen und Kindertageseinrichtungen der Stadt.
Doch dabei bleibe es nicht, erklärt Hildegard Littig, Konrektorin der Schule: „Wir und fünf weitere Schulen verfügen zusätzlich in unseren Räumlichkeiten über eine Lese-Oase.“ Die Mannheimer Stadtbibliothek und der Lions Club unterstützten bei der Bestückung der Regale. Die Lese-Oase ist ein Raum, ausgestattet mit Büchern und Bastelmaterialien. Gefördert von der Stiftung Lesen treffen sich hier unter anderem die speziell geschulten Vorlesepaten mit den Kindern. Dieser Um- gang baut eine wichtige Brücke zur Sprachförderung. Der Jungbusch-Grundschule stehen für diesen Bereich zwei Fachkräfte zur 19 Verfügung. Das Sprachförderprogramm wird begleitet vom Institut für Fremdsprachenphilologie der Universität Heidelberg. Gearbeitet wird jeweils in einer kleinen Gruppe mit maximal sechs Kindern. Die Schülerinnen und Schüler werden integriert gefördert, also nicht aus ihrem eigentlichen Klassenverbund herausgerissen. Die meisten Fächer werden gemeinsam unterrichtet, vier Stunden pro Woche erhalten die Sprachförderkinder eigenen Deutschunterricht.
„Bei uns klingelt es zu Schulbeginn und -ende sowie zu Pausenbeginn und -ende. Der Unterricht besteht aus An- und Entspannung, in jedem Fall jedoch individuell“, erklärt die Konrektorin der Jungbusch-Grundschule Hildegard Littig.
Noch eine Besonderheit weist die Jungbusch-Grundschule auf: Neben den gewöhnlichen Klassen mit bis zu 24 Schülerinnen und Schülern gibt es eine Vorbereitungsklasse. In dieser Klasse werden Kinder, meist neuzugewanderte aus Südosteuropa, auf das Regelsystem vorbereitet. Denn einige von ihnen haben keinerlei Schulerfahrung aus ihrer Heimat mitgenommen. Ein Pendant dazu gibt es ebenso im Bereich der Werkrealschule.
Dass die Schule so arbeiten kann, wie sie arbeitet, sei kein Zufall, so Littig. Mannheim setzt mit dem „Wirtschaftsmodell Schule“ stark auf die Eigenständigkeit der Schulen: „Wir haben Ressourcen von der Stadt gestellt bekommen und können im Rahmen bestimmter Vorgaben frei darüber verfügen. Das ist in der alltäglichen Arbeit sehr hilfreich, weil wir uns passend zu den Bedarfen vor Ort entwickeln können.“ Ebenso wird mit einem Integrationsfonds verfahren, der Schulen mit mehr als fünf südosteuropäischen Zuwandererkindern Mittel für individuelle Sofortmaßnahmen zur Verfügung stellt.
CHANGE² – Wandel im Quadrat
Dass die drei Bereiche Bildung, Jugend und Gesundheit in einem Dezernat angesiedelt sind, ist eine neue Entwicklung, die von der Stadt bewusst vorangetrieben wurde. Ausgangspunkt war der Ende 2007 gestartete Modernisierungsprozess der Verwaltung, in dessen Verlauf Wirkungsziele erarbeitet wurden, an denen sich die Arbeit der Verwaltung orientieren soll. Drei dieser Ziele betreffen direkt den Bereich Bildung: Talente fördern, Toleranz leben und Bildungsgerechtigkeit erhöhen. Den Anstoß gab Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz, ehemaliger Bildungsdezernent der Stadt: „Wir verfolgen eine Gesamtstrategie mit acht strategischen Zielen, die für die Entwicklung unserer Stadt besonders bedeutsam sind. Drei dieser Ziele sind unmittelbar mit Bildung verknüpft, da Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen der Schlüssel zu Chancengerechtigkeit und sozialer Teilhabe ist. Die Mannheimer Bildungsstrategie setzt daher bewusst auf eine aktive Gestaltung der lokalen Bildungslandschaft durch die Kommune. Die Einbeziehung lokaler Akteure spielt hierbei eine besondere Rolle.“
Das bereits mehrfach ausgezeichnete Programm startete im Jahr 2008 und ging 2014 in die zweite Phase. Gesamtziel bis 2019 ist es, eine modern arbeitende, auf Leistungs- und Wirkungsziele ausgerichtete Stadtverwaltung aufzubauen. Ein kohärentes, auf validen Daten basierendes Bildungsmanagement ist für die Erreichung dieser Ziele für Mannheim ein wesentlicher Baustein.
Mehr zu CHANGE² gibt es hier
Die Jungbuschhalle Plus X – Akteursvielfalt im Verbund
Wie stark die Bildungsnetzwerke in Mannheim miteinander verwoben sind, zeigt außerdem das 2009 neu errichtete Gebäude mit dem vielversprechenden Namen „Jungbuschhalle Plus X“. Die Halle gehört zum Gelände der Grundschule und in ihr befindet sich das Quartiermanagement Jungbusch, das vom Gemeinschaftszentrum Jungbusch betrieben wird. Zur Trägerschaft gehören seit 1986 der Caritasverband, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt sowie der Bewohnerverein und die Jugendinitiative Jungbusch. Das Gemeinschaftszentrum bietet Raum für eigene und angemietete kulturelle, sportliche und stadtteilbezogene Veranstaltungen. Vom Mädchentreff, der explizit auch muslimische Jugendliche anspricht, bis hin zu Nachhilfe, angeboten von der Jugendinitiative. Auf dem Dach befindet sich außerdem eine Spiel- und Sportanlage. Sogar ein Sportverein hat sich im Zuge der Nutzung gegründet. Hauptaufgabe ist es, den Stadtteil mit seiner kulturellen Vielfalt aufzuwerten und vor allem Akteure nonformaler Bildung miteinander zu verbinden.
Mehr zur Jungbuschhalle Plus X
Film über den Stadtteil Jungbusch während der Fußball-Weltmeisterschaft 2010
Die Justus-von-Liebig-Berufsschule – Innovative Ausbildungsformate
Von der „Jungbusch“ geht es weiter zur „Justus“. Dort ist gerade Highlife angesagt: An der Justus-von-Liebig-Schule ist heute Berufspraxistag. Die vielen Partner der Schule aus Kommune, der Stiftungslandschaft und der Wirtschaft sind vertreten. Die „Justus“ liegt in der Neckerstadt-West, ebenfalls ein Ankommensstadtteil.
„Es gab einen Paradigmenwechsel auf dem Arbeitsmarkt: Früher konkurrierten mehrere Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz. Heute umwerben mehrere Firmen einen Bewerber.“
Elsbeth Ruiner, Schulleiterin der Justus-von-Liebig Schule
Die berufsbildende Schule unterrichtet momentan zahlreiche Zugewanderte in „VABO“-Klassen (Vorqualifikation Arbeit und Beruf für Jugendliche ohne Deutschkenntnisse). Aktuell sind 41 Geflüchtete in solchen Klassen untergebracht. Seit März 2016 absolvieren sie ein Praktikum, im September gehen sie dann in die Ausbildung. Im Bereich Übergang Schule-Beruf wird zudem gerade die Maßnahme „AV dual“ (duale Ausbildungsvorbereitung) unter anderem in zwei Klassen der Justus-von-Liebig-Schule erprobt. Zielgruppe sind junge Erwachsene, die nach ihrer schulischen Ausbildung weiteren Förderbedarf haben. Mithilfe eines dazugehörigen Betriebspraktikums sollen erste praktische Erfahrungen und berufliche Kontakte geknüpft werden. Die Phase dauert insgesamt ein Jahr. Konkret arbeiten in Mannheim die Justus-von-Liebig-Schule, die Agentur für Arbeit Mannheim, die Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar, die Handwerkskammer Rhein-Neckar-Odenwald, der Förderband e. V. und die Stadt Mannheim mit dem Fachbereich Bildung zusammen, der das vom Wirtschaftsministerium des Landes gestartet Pilotprojekt koordiniert.
„Es gab einen Paradigmenwechsel auf dem Arbeitsmarkt: Früher konkurrierten mehrere Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz. Heute umwerben mehrere Firmen einen Bewerber.“ Da sei es schon etwas Besonderes, wenn in einem Projekt großer Ausbildungsbetriebe Firmen bis zu 30 Ausbildungsplätze für Neuzugwanderte schaffen, so Elsbeth Ruiner, Schulleiterin der Justus-von-Liebig-Schule.
Die Justus-von-Liebig Schule stellt sich vor
Sowohl die Verwaltung der Stadt Mannheim als auch die Akteure selbst haben in den letzten Jahren die Vernetzung innerhalb der kommunalen Bildungslandschaft mithilfe unterschiedlicher Instrumente gemeinsam und aktiv vorangetrieben. Auf diese Weise entstanden zwischen Institutionen und Akteuren kurze Wege. Entwicklungen, wie die Neue Migration, stellen zwar eine Herausforderung für die Stadt dar. Im Krisenmodus sind die Mannheimer Bildungsakteurinnen und -akteure jedoch nicht.




Der Stadtspaziergang durch die Bildungslandschaft Mannheim ist zuerst erschienen in "bewegt – Magazin für kommunale Bildungslandschaften" 1/2016, das Sie hier kostenfrei als Printausgabe bestellen können.